Ein Plädoyer für die Zeit

Was ist Zeit? Alter des Universums? Was ist Gegenwart? Vergangenheit und Zukunft des Universums?

Lässt sich das Mysterium „Zeit“ in einem Bild darstellen, erfassen – und was genau ist Zeit eigentlich?

Auf letzteres weiß auch die Wissenschaft bis heute keine Antwort und gibt sich ratlos.

Beim ersten Teil der Frage liegen die Dinge jedoch etwas anders und auch komplizierter. Hier scheint jeglicher Enthusiasmus zu fehlen, der Zeit in irgendeiner Weise ein Gesicht zu geben! Vermutlich hält man sie für zu nachrangig und weniger grundlegend für die Welt.

Die „vierte Dimension des Raumes…“, sie läuft halt, gezwungenermaßen wie ein Zählwerk so mit und ihr Dahinfließen wurde schon endlos in der Literatur und Musik beklagt (wobei sie es doch ist, die die Dinge erst hervorbringt). Kurz gesagt hat die Zeit ganz eindeutig ein großes Imageproblem – eben auch bis hinein in die Wissenschaft.

Aber vielleicht ist ja wirklich alles ganz anders und sie ist extrem unterschätzt!

Der hier vorgestellte Entwurf soll zeigen wie es aussieht, betrachtet man unsere Welt konsequent aus der Perspektive der Zeit.

Die Lichtgeschwindigkeit erscheint dann als der „rote Faden“, die Grundlage der Zeit. Die spannt sich auf zwischen ihrem Beginn im Urknall und ihrem Ende beim Stehenbleiben in der Lichtgeschwindigkeit (Einstein, spezielle Relativitätstheorie). *)

Dazwischen findet das eigentliche Leben, die Welt statt. Im Moment der Gegenwart.

Dieses Phänomen hat es ganz besonders in sich und steht wohl wie kein anderes für die Unfassbarkeit der Zeit!

Denn für sich betrachtet befindet sich jeder Punkt der Welt stets und ständig in der Gegenwart. Aber eben wirklich auch nur „für sich“. Alle anderen Punkte herum liegen bereits schon wieder in der Vergangenheit – verursacht durch die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit. Alles was wir um uns herum wahrnehmen ist bis dahin unwiderruflich auch geschehen…

Der Moment der Gegenwart besitzt weder eine räumliche noch zeitliche Ausdehnung. Selbst eine millionstel Sekunde später ist er auch schon wieder vorbei.

Mit dem allerletzten Stand, der Ausdehnung des Universums, die in der Strecke Urknall-Gegenwart liegt, oder der „Frontwelle der Zeit“, auf der wir surfen, ist er vielleicht am besten beschrieben – als Schnittstelle an der die Würfel noch nicht gefallen sind, nach welcher Richtung sich die Dinge entwickeln (am unterhaltsamsten zu beobachten in Bewegungssportarten wie Tischtennis oder Fußball…).

Sehr vieles erscheint, räumt man der Zeit einen fundamentalen Stellenwert in dieser Welt ein, in einem komplett neuen Licht.

Eine Konsequenz des Entwurfes hier sei kurz näher erklärt. Man kann in ihm noch so weit zeitlich zurückgehen – Gegenwart und Urknall fallen niemals auf einen Punkt zusammen! Es ist wie bei der Annäherung an 0 (1-1/2-1/4-1/8 usw.).

Einen wirklichen Nullpunkt und Anfang hätte es also nie gegeben. Und es gäbe auch kein Ende in der Expansion des Raumes der hier eine Folge des Zeitablaufs ist.

Irgendwann sind alle Teilchen in Energie zerstrahlt und der Zyklus beginnt von vorn… Denn die Zeit besitzt keinen „wahren“ Maßstab. Die Uhren wachsen mit dem Universum.

Wenn man dem zustimmt, dass das Weltall ewig weiter expandiert und in ihm auch in aller Zukunft Vorgänge und Ereignisse – wenn auch nach unserem Zeitgefühl noch so langsam – stattfinden werden, so gebietet es die Logik, den Blick auf die Vergangenheit des Kosmos, mit dem Urknall als Ereignis in Frage zu stellen!

Oder ganz unmissverständlich – verändert sich der Zeitablauf und Maßstab aus unserer jetzigen Perspektive, in der Zukunft und Ewigkeit nach unendlich langsam, so muss er am Startpunkt, dem Urknall nach unendlich schnell gegangen sein.

Zeit wird nach der allgemein gängigen Definition beschrieben als das „Produkt“ der Abfolge von Ereignissen. Diese sind wiederum das Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Punkten der Welt. Im immer kleiner werdenden Kosmos, wie er sich beim Blick in Richtung Urknall darstellt, werden auch die Strecken zwischen den Wechselwirkungspunkten immer geringer.

D.h. die Anzahl der Ereignisse nimmt zu. Bis zum Erreichen eines mathematischen Punktes sind dann also unendlich viele Ereignisse im Universum möglich – und auch wahrscheinlich! Das es für all das viel zu heiß war könnte auch ein großer Irrtum sein – resultierend daraus, dass wir unseren heutigen Zeitmaßstab rückblickend an den frühen Kosmos anlegen und ihn „von außen“ betrachten. Es ist zugegeben schwer vorstellbar aber möglich, dass in der ersten 1⁻¹⁰⁰ Sekunde schon eine Unendlichkeit lag – in der alles Undenkbare stattgefunden haben kann. Aber unendlich ist nun einmal unendlich…

Etwas begreifbarer wird dies alles, nimmt man einen Perspektivwechsel vor und verdeutlicht sich, dass wir heute schon bereits diejenigen sind, die eine Unendlichkeit, später leben. Und in nochmals einer Unendlichkeit auch wir im „Dickicht“ der Urknallnähe verschwinden werden.

Sachlich und unaufgeregt betrachtet ist diese Version schlüssiger und weniger spektakulär als die Annahme: Ein Punkt ist aus dem Nichts heraus explodiert und hat das Weltall gebildet.

Wir sind nun weltweit auf der Suche nach Unterstützern dieses „Denkanstoßes“, sodass die Wissenschaft zumindest mal genötigt würde, dieses Modell zur Kenntnis zu nehmen und zu prüfen.

*) Die Lorentz-Transformation in der spez. Relativitätstheorie beschreibt die Verlangsamung des Zeitablaufs bei der Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit. Geometrisch entspricht sie einer Drehung des Systems. D.h. der Zeitstrahl biegt sich zur Seite.

16 Antworten auf „Ein Plädoyer für die Zeit“

  1. Hohe Massenkonzentrationen „verlangsamen“ die Zeit relativ zu niedriger Massenkonzentration. Wenn zur „Zeit“ t=0 des Urknalls alle Masse in einem Punkt (oder sehr kleinem Raum) vereint war, müsste die Zeit ja gleichsam stillstehen. Wie sind dann dann Angaben wie 1 Sek. nach dem Urknall und ähnliches zuverstehen. Nach welcher Skala?
    LS deine Meinung würde mich dazu sehr interessieren, LG – CH

  2. Die Definition von Zeit ist sehr einfach :
    Zeit ist Prozesshaftigkeit oder anders ausgedrückt Veränderung.
    Wo kein Prozess stattfindet wo nichts passiert, wo es keinerlei Veränderung gibt, dort gibt es auch keine Zeit.

  3. Meiner Meinung nach ist „Zeit“ ein menschliches Konstrukt und existiert so nicht. Ich glaube eher das „Zustand“ die korrekte Form ist. Aber ich bin kein Physiker, nur ein freidenkender Mensch.

  4. Zeit ist die menschliche Wahrnehmung der Ausdehnung des Raumes. Also an sich nur ein Konstrukt und nicht wirklich existent, Vergangenheit und Zukunft existieren im gleichen Moment wie Gegenwart

  5. Zeit ist schlicht Bewegung durch den Raum von allem was sich darin befindet. Existiert keine Bewegung oder Veränderung im Raum, dann gibt es auch keine Zeit darin

  6. Zeit gibt es als solche gar nicht.

    Um diverse Prozesse zu messen, vergleicht man sie mit konstanteren Prozessen (bspw. mit Hilfe der Erdumdrehung sowohl um die eigene Achse wie auch um die Sonne).

    Natürlich wurde die Art und Weise der Messung präzisiert, dennoch ist sie schlussendlich nichts anderes als ein Vergleich von Prozessen.

    Zeitstreifen veranschaulichen recht gut den Wandel der Zeit, trotzdem sind sie nur Gedankenkonstrukte.

    Es mag seltsam erscheinen, sich vorzustellen, dass sich Cäsar und Kleopatra im gleichen physikalischem Jetzt aufhielten, in dem wir uns jetzt befinden.

    Erschwerend kommt unsere Sprache, unsere Grammatik hinzu, die zwar durchaus sinnvoll für unseren Alltag sind und uns glauben lässt, wir würden auf einem Zeitstreifen Richtung Zukunft wandern.

    Deshalb glaube ich nicht an Zeitreisen, auch wenn es sehr liebenswerte Gedankenspielchen sind und amüsant für den Zeitvertreib sind, aber im Jetzt nach Jetzt zu „fliegen“ macht keinen Sinn.

    Dazu müsste man sämtliche Prozesse, von der Entstehung des Sonnensystems, Entstehung und Verfall von Gebirgen, Zerfall von Atomen und irdischem Leben etc. rückgängig machen können.

  7. Zeit ist die dem Raum übergeordnete Dimension. Die Relativitätstheorie hat gezeigt wie Raum und Zeit miteinander verbunden sind. Aber unsere Perzeption ist primär räumlich, so wie unsere Gedanken. Rein physikalisch gesehen ist keine Bewegung ohne Zeit möglich. Strings z.b. sind Energieformen, deren Informationen über Bewegung kodiert sind. Aber selbst die relativ großen Bestandteile eines Atoms könnten sich ohne Zeit nicht bewegen. Kein Raum kann ohne Zeit existieren. Und trotzdem haben wir nicht den blassesten Schimmer davon, was Zeit ist…

  8. Zeit ist eine Konstruktion – und nicht einmal eine einheitliche: So haben Kulturen unterschiedliche Modelle, zyklische, sowie lineare entwickelt, die nicht nur als Ideen in den Köpfen der Menschen existieren, sondern auch einen bestimmten Habitus konstituieren:

    So prägten zyklische Modelle für lange Zeit den rituellen Charakter fernöstlicher Kulturen und schufen Vorstellungen von Reinkarnation und sich ständig ablösender Weltzeitaltern.

    Der Westen, zu Beginn des beginnenden Industriezeitalters war vielmehr geprägt vom Fortschrittsoptimismus, der beschleunigte und auf Wachstum orientierte Lebensstile prägte. Dass dort bis heute ein lineares Zeitmodell („arrow of time“) vorherrscht, in dem sich die „Mechanik“ des Universums aus bestimmten Inertialbedingungen heraus entfaltet, ist kein Zufall.

    Es braucht schon schlaue Köpfe wie den Nobelpreisträger Ilya Prigogine, oder Meditationsmeister wie Siddharta Gautama um unsere gewohnten Vorstellungen von Zeit zu durchbrechen, Einblicke in das Wesen dieser „Raum-Zeitlichen-Ganzheit“ zu erlangen und dabei vielleicht auch noch draufzukommen, dass diese Ganzheit unsere Vorstellungen von Raum und Zeit sogar gänzlich zu sprengen vermag.

  9. Zeit wird missverstanden.
    Sie ist die individuelle Methode von allem, sich relativ zu allem durch die Seinszustände zu bewegen.
    Und der Mensch ist die einzige bekannte Spezies, die diesen Prozess wahrnimmt.
    Das beste Beispiel dafür ist die eigene Kindheit.
    Einem Kind kommt eine Stunde unendlich vor, ein Jahr scheint eine Ewigkeit zu dauern und bis man so alt ist, wie die eigenen Eltern werden Äonen vergehen.
    Und ganz langsam scheint sich der Ablauf der Zeit zu beschleunigen.
    Plötzlich ist an einer Stunde nichts mehr dran (solange man nicht auf die Bahn wartet), ein Wochenende scheint verschwindend kurz, und die Jahre rasen nur so dahin (sieht man besonders gut an Weihnachten. Das kommt immer so plötzlich)
    Also ist Zeit wie Gravitation immer relativ zum Abstand des angepeilten Fixpunkt.

  10. Zeit ist erstmal nur ein Wort, welches der Mensch erfunden hat. Man kann das, was unter Zeit zu verstehen ist nicht erklären, ohne das Wort Zeit zu nutzen (oder ein Synonym). Jeder, der dies versucht, erklärt dann etwas anderes, was er vielleicht mit der Zeit assoziiert, aber nicht die Zeit selbst.

    Der Mensch definiert Zeit als das, was zwischen zwei unterschiedlichen Zuständen im Raum festzustellen ist. Die Zeit wird allerdings von jedem persönlich wahrgenommen, weshalb es da keine erfassbare Konstante gibt und sie vom Raum bzw. Bezugssystem abhängig ist. Trotzdem scheint sie allgegenwärtig.

  11. Um so dichter ein Raum ist, desto weniger Platz bleibt für die Zeit. Oder desto schneller du arbeitest desto kürzer ist die Zeit in der du dich entwickeln kannst. Das zweite klingt etwas paradox. Jedoch kann man sich das so vorstellen du lässt einen Tropfen ins Wasser fallen und wartest bis es abgeklungen ist und wiederholst es 10x, das selbe machst du exakt doppelt so schnell und noch mal doppelt so schnell, wenn du jetzt die Intensität und Menge der Wellen zählst, (gezählt hast, )wirst du feststellen, das sich nicht doppelt so viel getan hat.

  12. Wie sagte Rudolf Steiner so schön: «Hier sehen wir, dass die Zeit erst da auftritt, wo das Wesen einer Sache in die Erscheinung tritt.» (Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. Herausgegeben von Rudolf Steiner. Dritter Band. Stuttgart, Berlin, Leipzig, 1921. Einleitung. II. Das „Urphänomen“. S. XIV)

  13. Es gab kein „davor“ bei dem Urknall, denke ich, denn das von Menschen definierte Wort „davor“ bezieht sich auf eine starre, klar strukturierte Abfolge von Ereignissen. Korrekterweise existiert ein „davor“ immer nur für EINE Realität innerhalb eines festen Zeitraums mit mindestens zwei Punkten – einem Startunkt und einem Endpunkt, welche zwingend nicht übereinander liegen dürfen.

    Mit dem Urknall (Start- und Endpunkt, also Vergangenheit und Gegenwart, liegen exakt übereinander bzw. existieren noch gar nicht) sind überhaupt erst für uns messbare physikalische Gesetze entstanden, wovon eines eben die Zeit ist, es mit Sicherheit aber auch noch viele andere Gesetzmäßigkeiten gibt, von denen wir noch gar nichts wissen bzw. sie mit unserer (im Laufe unserer Entwicklung selbst erstellten) Logik schlicht noch gar nicht greifbar sind und sicher auch nie vollständig greifbar sein werden.

    Ebenso dürfte auch die Frage wohin das Weltall expandiert hinfällig sein, da das „Wohin“ in der Unendlichkeit völlig egal ist. Bei einer geradlinigen Reise mit Lichtgeschwindigkeit durch die (räumlich gesehene) Unendlichkeit könnte man plötzlich wieder an einem beliebigen Punkt in seiner Vergangenheit stehen, besser gesagt zwischen dem Urknall und unserer Gegenwart, wobei korrekt betrachtet meine Gegenwart bereits eine andere ist als beispielsweise die von dem Menschen, der gerade neben mir an der Straßenbahnhaltestelle steht.

    Eigentlich muss man es so betrachten, man lebt IMMER in seiner eigenen Realität und egal mit welcher Geschwindigkeit man reist – es ändert sich nie die eigene Realität nicht, nur der objektive Abstand meiner Realität zu der Realität meines Umfeldes (derer anderer Personen usw.) ändert sich. Je schneller ich reise, desto ist ist dieser Abstand. Und wenn die Geschwindigkeit meiner Reise Lichtgeschwindigkeit annimmt kann ich auch wieder auf meine früheren gefühlten Realitäten stoßen…

    Interessant, das Thema Zeit und Raum, ich denke wir stehen noch ganz Anfang unseres Verständnisses dieser Zusammenhänge. Nicht zuletzt, weil uns mit Sicherheit noch viele Gesetzmäßigkeiten nicht bekannt sind und uns somit wichtige Variablen im Ganzen fehlen…

  14. Der Frage nach dem Urknall kann man sicher noch näher in eine Erklärung rücken als der Frage nach dem „Wohin expandiert das Weltall“.
    Wenn man das beschreiben könnte, wäre man vielleicht auch einer zeitlichen Abschätzung des Endes der Ausdehnung, der Wiederholung eines Zyklus, der Implosion des Universums, etc. näher.
    Eine wissenschaftliche Klärung wäre dabei hilfreicher als so allerlei Vermutungen.

  15. Interessante Betrachtung. Wenn die Zeit erst mit dem Urknall entstanden ist, können wir uns also Fragen nach wie „Was war eigentlich davor?“ sparen? Wohl kaum.

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